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Corona mütend: Wie uns Eltern langsam aber sicher die Kräfte verlassen

Mütend – was für eine schöne Wortkreation. Ich las sie kürzlich als Hashtag auf Instagram und dachte mir: Das passt! Die Kombination aus müde und wütend ist wohl der Zustand, der das Befinden von uns Corona Eltern am besten beschreibt. Ein Jahr Pandemie hat Spuren hinterlassen – und noch ist kaum Entlastung in Sicht.

Egal mit welcher Mutter oder welchem Vater ich mich ein den letzten Tagen unterhalten habe, der Tenor ist immer derselbe: Es reicht, mir gehen die Kräfte aus, ich sehe keine Logik mehr. Dabei ist der letzte Punkt wohl einer der entscheidendsten. Denn während man zu Beginn der Pandemie und bis in den Herbst 2020 hinein noch verstand, dass besondere Maßnahmen zur Bekämpfung des Corona-Virus nötig sind, ist dieses Verständnis in weiten Teilen geschwunden.

Natürlich versteht man, dass das Virus lebensbedrohlich ist und die Krankenhäuser kritischen Situationen ausgesetzt sind. Das steht außer Frage und ist ja auch der Grund, warum wir Eltern einen Großteil der Maßnahmen immer noch mittragen. Der große Unterschied ist jedoch, dass von Seiten der Politik unsere kostbare Zeit nicht genutzt wurde, um der Bevölkerung (Eltern wie Kindern) Erleichterung und eine konkrete Perspektive zu verschaffen. Die Enttäuschung darüber wiegt schwer. Der Vertrauensverlust in eine gute Führung führt zu Resignation und bei einigen auch zu schierer Verzweiflung.

Seit Monaten werden wir nur vertröstet. Seit Monaten sind wir mütend. Seit Monaten werden Maßnahmen angekündigt, die entweder gar nicht oder in abgewandelter Form umgesetzt werden. Niemand steigt mehr durch – dem Föderalismus sei Dank. Unlängst wurde ich in einem Berliner Geschäft angeranzt, weil ich „nur“ eine OP-Maske trug. Nein, FFP 2 sollte es sein. Aha, antwortete ich, 100 Meter weiter in Brandenburg war ich vor einer Stunde in einer ihrer anderen Filialen, da war meine Maske völlig in Ordnung. Antwort: Ja, da. Aber hier nicht.

Sinn verzweifelt gesucht

Macht keinen Sinn, muss es ja auch nicht. Über das Stadium der Sinnhaftigkeit sind wir scheinbar lange hinaus. Und so werden gerade wir Eltern immer wieder zu Spielbällen eines sinnbefreiten Systems. Zweimal habe ich vor den Osterferien für Test-Kits meiner Kinder an den Schulen unterschrieben, nie sind sie gekommen. Nach den Ferien nun fehlte meine Unterschrift zur Aushändigung des Test-Kits an meine Tochter. Auf Nachfrage bei der Schulleiterin wurde mir mitgeteilt, dass meine Vollmacht sich auf die Test-Kits der Firma A bezogen hatte. Nun wurde aber Firma B gekauft und meine Unterschrift sei somit hinfällig. Willkommen in Absurdistan.

Klar, man macht weiter mit. Ich wechsle artig die Maske, wenn es verlangt wird, und ich unterschreibe auch noch für Firma xyz, wenn meine Tochter dann ihr Test-Kit erhält. Aber es nervt. Es nervt und kostet Kraft, die nach einem Jahr Einschränkungen niemand mehr hat. Der gemeinsame Spirit im Sinne von „Mist, Pandemie. Da müssen wir jetzt alle zusammen durch. Hintern zusammenkneifen und zurückstecken, während unsere Regierung uns sicher und zeitnah durch die Krise manövriert“ ist verschwunden. Ich höre andere Eltern darüber sprechen und erkenne meine Gedanken in ihren Worten wieder. Einfach nur noch mütend.

Schule – was war das nochmal?

Noch ein kurzer geistiger Ausflug zu einem weiteren Nebenschauplatz unserer Politik: Der Schulbildung. Uff, da geht mein Herzrasen schon los. Bei welcher Absurdität, bei welchem Versagen soll ich anfangen? Vielleicht bei der Tatsache, dass mein Sohn (7. Klasse) seit Mitte Dezember eine (ich wiederhole: eine) Woche in der Schule war? Oh ja, die Bildung hat höchste Priorität, höre ich von der Kultusministerkonferenz verlauten. Allein: Wo bleibt sie denn? Distanzlernen kann vorübergehend Präsenzunterricht ersetzen. Als Dauereinrichtung taugt es allerdings nicht. Doch ein Ende ist für meinen Sohn nicht abzusehen – und dabei reden wir von einer tagesaktuellen Inzidenz von 76, die auch in der letzten Woche nicht höher lag.

Nur noch bedingt lachen kann ich auch über die Aussagen von Bildungssenatorin Sandra Scheeres. Sie behauptete unlängst, dass kein Kind bei der digitalen Bildung zurückgelassen werden würde. Da frage ich mich: Meint sie das wirklich ernst? Kann sie das tatsächlich selber glauben? Denn während sie in diesem Interview ihre Behörde bei der Verteilung der Tablets an bedürftige Kinder ausdrücklich lobte, sieht die Realität einfach ganz anders aus: Von 40 angeforderten Tablets einer Berliner Grundschule wurden genau 17 geliefert. Auskunft: Mehr gibt es nicht. Ihr müsst gucken, wie ihr die am besten aufteilt. Somit blieben der Lehrerschaft zwei Möglichkeiten: Entweder die Tablets in Stücke hacken, oder 23 Kinder unberücksichtigt lassen. Ihr ahnt, wofür sie sich entschieden haben…

Ja, mich regt dieses Thema auf. Es ärgert mich maßlos, dass sich die Politik auf unsere Kosten und die Kosten unserer Kinder ausruht. Da wird geredet und palavert – doch in den Klassenzimmern kommt viel zu wenig an. Tatsächlich deckt die Corona-Krise auf, was im schulischen Bereich seit Jahren im Argen liegt. Denn seit Jahrzehnten gibt es dort gravierende Missstände, die aber immer kleingeredet werden. Egal ob veraltete Schultoiletten, fehlendes Kopierpapier oder Lehrermangel – all das wird von Schulen und Lehrern seit Jahren schweigend ertragen. Die Bildung unserer Kinder ist einfach nicht wichtig genug, um sie mit finanziellen Mitteln ausreichend zu fördern. Dies ist zumindest der Eindruck, den ich als Lehrerin über viele Jahre hinweg in meinen Beruf gewonnen habe. Das absurde und realitätsfremde Bla-Bla während der Corona-Krise hat diesen Eindruck bei mir nur noch verstärkt.

Mütende Eltern

Und so kommen wir wieder bei uns mütenden Eltern an. Da ist diese unbändige Wut, dass Chancen vertan und Möglichkeiten verspielt worden sind – Beispiel Impftempo. Und da ist auch diese unglaubliche Müdigkeit. Eine Erschöpfung, die sich über Wochen hinweg eingeschlichen hat und mit jedem Tag wächst. Ankündigungen, dass der Lockdown noch bis Mitte Juni gehen könnte , helfen da wenig. Ach nee, das wurde ja zwei Stunden später wieder revidiert. Sorry, ich hab nichts gesagt.

Eine Perspektive würde Kraft geben. Allerdings müsste es eine sein, die einen absehbaren Zeitraum beinhaltet. Kein kräftezehrendes Vor- und Zurück ohne jedwede Planungssicherheit. Denn die andauernde Unsicherheit ist ein zusätzlicher Faktor, der an unseren Nerven zerrt.

Bin ich selber mütend? Absolut, sonst hätte ich diesen Beitrag voller Emotionen nicht geschrieben. Und doch hat sich bei mir eine Schulter-zuckende Resignation eingestellt – frei nach dem Motto „Es hilft ja eh nichts“. Eine Akzeptanz ist das nicht. Vielmehr ein Selbstschutz, um nicht noch mehr Kraft an Nebenschauplätze zu verlieren. Denn das wichtigste für uns Eltern ist nunmal das Wohl unserer Kinder. Aus dem Lachen meiner vier Kids schöpfe ich Kraft und ihre Fröhlichkeit gibt mir Energie. Das tut gut und nur so kann es weitergehen. Das wird es auch. Irgendwie…

Seid ihr auch Corona mütend? Welche Dinge belasten euch nach 13 Monaten Pandemie am meisten? Schreibt es mir direkt in die Kommentare, ich freue mich auf den Austausch mit euch!

P.S.: Eine super Beitrag zum Thema Corona mütend findet ihr auch bei der Blogger Mum of 3 Boys. Klickt euch gleich hier mal rein!

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